Anhand der folgenden acht Fakten können Sie sich einen tieferen Einblick in unser Projekt verschaffen.
Fakten
Ausstattung von Lichtsignalanlagen
Im Testfeld werden rund 65 Lichtsignalanlagen mit Funkmodulen (Road-Side-Units, RSUs) aufgerüstet, die eine Kommunikation zwischen Infrastruktur und Fahrzeugen ermöglichen.
Die RSU agiert entweder nur als Sender oder als Sender und Empfänger zugleich und spielt je nach Anwendungsfall eine unterschiedliche Rolle.
Als reiner Sender übermittelt die RSU Informationen über den aktuellen Signalzustand der Lichtsignalanlage (SPaT) und die Straßentopologie des jeweiligen Knotenpunkts (MAP) an Fahrzeuge. Diese Informationen unterstützen automatisierte Fahrzeuge bei der sicheren Überfahrt eines Knotenpunkts.
Als Sender und Empfänger zugleich kann die RSU mit Rückkanal zusätzlich auch noch Informationen von den Fahrzeugen empfangen und diese zur Verarbeitung an die Lichtsignalanlage weiterleiten. Diese Funktionalität wird beispielsweise zur Beschleunigung von Linienbussen oder zur Priorisierung von Rettungsfahrzeugen benötigt. Aufgrund der RSU mit Rückkanal können sich die Fahrzeuge an der Lichtsignalanlage anmelden und Einfluss auf die Schaltphasen nehmen, also Grünphasen anfordern oder verlängern.
Übertragungstechnologien der Funkmodule (ITSG5/CV2X)
In unserem Testfeld werden sowohl WLAN- als auch Mobilfunk-basierte Nahfeld-Kommunikationstechnologien getestet, was eine große Flexibilität und Vielfalt an Anwendungen ermöglicht.
Automatisierte Fahrzeuge benötigen vor allem im Kreuzungsbereich sicherheitskritische Informationen innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde, um angemessen reagieren zu können. Ausreichend kurze Latenzen garantieren momentan nur die beiden Kurzstrecken-Kommunikationstechnologien ITSG5 (WLAN-basiert) und CV2X (Mobilfunk-basiert). Grundsätzlich bieten die beiden Technologien den gleichen Funktionsumfang und unterscheiden sich nur in der verwendeten Sendetechnologie. Welche sich zukünftig in Europa durchsetzen wird ist, aufgrund fehlender Standardisierung, zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Echtzeitanwendungen ohne Verkehrssicherheitsrelevanz, wie zum Beispiel die ÖPNV-Beschleunigung, können gegebenenfalls auch über das klassische 5G Mobilfunknetz abgewickelt werden.
An die Fahrzeuge übermittelte Daten (SPaT/MAP)
Über die Road-Side-Units werden sowohl die Straßentopologie (MAP) als auch das dazugehörige, aktuelle Signalbild der Lichtsignalanlage (SPaT) an automatisierte Fahrzeuge versendet.
Bei der MAP-Datei handelt es sich um ein digitales Abbild des jeweiligen Knotenpunkts, in dem auch die einzelnen Fahrbeziehungen hinterlegt sind. Damit können sich automatisierte Fahrzeuge am Knotenpunkt verorten und das gültige Signalbild der jeweiligen Fahrspur zuordnen.
Bei der SPaT-Datei (Signal Phase and Timing) handelt es sich um das jeweils aktuelle Signalbild der Ampel, das digital über die Road-Side-Unit ausgesendet wird. Neben der visuellen Erkennung der Signalbilder durch Fahrzeugkameras steht den automatisierten Fahrzeugen somit ein zweites redundantes
Signal zu Verfügung. Dies wird beispielsweise benötigt, wenn sich bei schlechten Sichtverhältnissen nicht auf das Kamerabild verlassen werden kann. Weiterhin kann dem Fahrzeug über die SPaT-Datei die prognostizierte Restzeit des Signals bereitgestellt werden, über die das Fahrverhalten im Zuge der Kreuzungszufahrt angepasst werden kann.
Durch die Übermittlung der beiden Dateitypen wird die komplexe Situation einer Kreuzung für das automatisierte Fahrzeug verständlich gemacht und eine zuverlässige und sichere Fahrt über den Knotenpunkt ermöglicht.
Gebietsköperschaftsübergreifend
Unser Testfeld erstreckt sich sowohl über den urbanen Stadtbereich als auch das anliegende Umland. So können unsere Anwendungsfälle unter verschiedensten verkehrlichen Situationen und Bedingungen erprobt werden.
Der Begriff “gebietskörperschaftsübergreifend” bedeutet, dass mehrere Kommunen bzw. Verwaltungsebenen im Projekt eingebunden sind. In TEMPUS handelt es sich dabei einerseits um die Landeshauptstadt München als Zuständige für das Stadtgebiet München und andererseits um die Landesbaudirektion Bayern als Zuständige für das Münchner Umland. Da den beiden Verwaltungsebenen unterschiedliche Straßentypen/ ‑klassen zugeordnet sind (zum Beispiel innerstädtische Straßen, Bundesstraßen, Autobahnen), können die Anwendungsfälle im Rahmen von TEMPUS unter verschiedensten verkehrlichen Situationen und Bedingungen erprobt werden. Auch ist es für die Erstellung von Verkehrssteuerungsmechanismen ausschlaggebend, dass eng mit den Zuständigen außerhalb der Stadtgrenzen zusammengearbeitet wird.
HD-Map des gesamten Testfelds
Für das komplette Straßennetz des gebietskörperschaftsübergreifenden Testfelds, bestehend aus städtischen Straßen, Bundesstraßen und Autobahnen, wird ein hochpräzises und realistisches 3D-Modell erstellt. Dieses ermöglicht automatisierten und vernetzten Fahrzeugen beispielsweise, sich auf der Straßenkarte selbst zu orten und Manöver zu planen. Herkömmliche GPS-Lösungen liefern mit ihrer Abweichung von teilweise mehreren Metern hierzu nicht die benötigte Genauigkeit. Die HD-Map steht interessierten Unternehmen auf Anfrage für Testzwecke zur Verfügung.
Verkehrsteilnehmerübergreifend
Im Projekt werden verschiedene Anwendungsfälle sowohl für Fahrzeuge des Individual- als auch des öffentlichen Personennahverkehrs erprobt sowie das Verhalten/Interaktion von und mit nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmenden (zu Fuß Gehende, Radfahrende) untersucht.
Somit werden alle am Straßenverkehr Teilnehmenden berücksichtigt und es kann eine ganzheitliche Verbesserung der Verkehrssituation erreicht werden.
Datenbereitstellung über MDM
Über den nationalen Mobilitäts Daten Marktplatz (MDM) veröffentlichen wir Verkehrsdaten sowie die in TEMPUS entwickelten, kommunalen Verkehrsstrategien.
Der MDM ist ein zentrales Online-Portal zur Bereitstellung von verschiedensten Verkehrsdaten. Die neutrale B2B-Platform definiert Standards für den Datenaustausch und bietet eine reichhaltige Datenbasis für Dritte und private Dienstleistungsanbieter.
Durch die Veröffentlichung stehen die in TEMPUS erhobenen Daten auch Dritten zur Verfügung und können für zukünftige Entwicklungen frei verwendet werden. Beispielsweise können Fahrzeughersteller*innen und Navigationsdienstleister*innen auf die erstellten Verkehrsstrategien zugreifen und in deren Routingempfehlungen einbinden.
Erprobung im Realverkehr
Die Lage des Testfelds im öffentlichen Straßenraum ermöglicht die Erprobung der verschiedenen Anwendungsfälle unter realen Bedingungen.
Nur die Erprobung im Realverkehr kann vielfältige Vorkommnisse des täglichen Verkehrsgeschehens abbilden und so zu einer ganzheitlichen Technologieverbesserung beitragen.